Ein live-Blog: Das BVerfG und sein Vorsitzender Voßkuhle haben eben wieder einmal Recht gebeugt. Und fast noch schlimmer: in extrem wichtigen und expliziten Teilen geltendes Verfassungsrecht gar nicht erst angewandt! Das Urteil (der Terminus "Rechtssprechung" würde es nicht treffen) ist wie von mir seit Mai 2010 vorhergesagt ein „Ja“ zu den EUR-Rettungsschirmen mit einem extrem kleinen „Aber“. Und wie von mir im Gegensatz zu anderen Kommentatoren ebenfalls prognostiziert wurde, konnte Voßkuhle sogar vermeiden, den Notstand auszurufen. Das wäre zwar möglich und angebracht gewesen – aber zu auffällig und störend für die EU-Junta und die sozialistischen Berliner Planwirtschaftler aller Parteien. Die Parallelen zu 1930ff wären zu auffällig gewesen. Obwohl bzw. gerade weil sie rechtlich und ökonomisch geradezu frappierend sind…
Im Folgenden die wichtigsten Erkenntnisse des heutigen Tages – unter dem Vorbehalt, dass dieser Blog direkt nach dem Urteil und noch vor Verkündigung des Volltexts der Urteilsbegründung geschrieben wird:
1. Voßkuhle hat –wie bereits in der mündlichen Anhörung von ihm angekündigt– keine ökonomische Würdigung der Auswirkungen der GR-"Rettung" (I) und des EFSF (I) vorgenommen. Man muss befürchten, dass er das noch nicht einmal bei weiteren Klagen gegen den im Herbst abzustimmenden erweiterten EFSF (II) und auch später gegen den billionenschweren ESM tun würde… Diese Klagen werden dann übrigens ohnehin nicht vor 2012/2015 beschieden – zu diesem Zeitpunkt wird Deutschland bereits nahe dran sein, sein Triple-A zu verlieren und dann auch offiziell wegen Überschuldung verarmt und ökonomisch-politisch handlungsunfähig zu sein. Aber eine ökonomische Beurteilung des Putsches durch "Rettung" ist ja erklärtermaßen unter der Würde des Verfassungsgerichts...
=> Dies kann nicht im Namen des Volkes sein.
2. Der Bundestag wird künftig bei Ausgaben, die das Gericht heute noch nicht einmal auf zB 50% eines Bundeshaushalts begrenzt hat, kein Mitspracherecht haben! Selbst Ausgaben i.H.v. zB 200% eines Bundeshaushalts werden ausschließlich einer Zustimmung des sog. „Haushaltsausschusses“ unterworfen. Es gibt daher heute nicht einmal einen "Parlamentsvorbehalt" zu künftigen Milliardenzahlungen, denn der Haushaltsausschuss ist doch nicht das "Parlament"! Der Bundestag könnte mithin nun ohne Veränderung seiner Rest-Kompetenzen von 628 MdBs auf die 41 Mitglieder reduziert werden, die eben in diesem HH-Ausschuss sitzen. Das BVerfG hat heute also nicht nur seine eigene Verzichtbarkeit festgestellt, sondern zugleich die Verzichtbarkeit von über 90% des BT-Plenums, das -mit argem Bauchgrimmen- noch am ehesten als Volks-Repräsentant durchgegangen wäre. Elitäre und geheim tagende Mini-Gremien wie der HH-Ausschuss sind keine Volksvertretung! In diesen Gremien können künftig sogar in geheimen Sitzungen und mit nur einfachem Mehrheitserfordernis Beträge i.H.v. mehreren offiziellen Haushalten ins Ausland verteilt werden! Niemand wird diese Vorgänge mehr kontrollieren können, weil es dort kaum noch öffentlich nachvollziehbare Debatten, Redeprotokolle oder zeitnahe Ergebnis-Protokolle geben wird!
=> Dies kann nicht im Namen des Volkes sein.
3. Voßkuhle hat heute sein durch ihn selbst im Lissabon-Urteil von 2009 geschaffenes Recht ignoriert bzw. schlichtweg nicht angewandt: Jede weitere Kompetenzverschiebung nach Brüssel wäre demnach einer Volksabstimmung zu unterwerfen gewesen. Und ein von Brüssel und der Regierung D-EU-tschlands korrumpiertes Mini-Gremium namens „Haushaltsausschuss“ ist de facto natürlich ein Gremium des Brüsseler Zentralkomitees.
=> Dies kann nicht im Namen des Volkes sein.
4. Voßkuhle hat entgegen seiner eigenen höchst europafreundlichen Tradition in diesem Fall auch geltendes Europa-Recht schlichtweg nicht angewandt! Das ist vielleicht der größte Skandal des Tages: Ausgerechnet ein BVerfG, das sonst akribischst JEDE EU-Regelung und -Richtlinie zeitnah und oft sogar in vorauseilendem Gehorsam umsetzt, hat heute geltendes EU-Verfassungsrecht (Art. 125 AEUV – „No Bailouts“!) glatt ignoriert. Dieses Recht war seit Maastricht Voraussetzung, warum das deutsche Volk nicht schon 1992 auf die Straße gegangen ist. Und der Lissabon-Vertrag bzw. die EU-Verfassung ist selbstredend auch in Deutschland für alle Bürger und eigentlich auch für Verfassungsrichter geltendes bundesdeutsches Recht! Oder gilt dieser Automatismus seit heute nicht mehr für Sie und uns, Herr Voßkuhle? Dann sagen Sie es uns bitte, denn dann werden wir künftig wieder Glühbirnen über 60 W in Deutschland verkaufen und wir werden Brüsseler Richtlinien vom Gleichstellungsgesetz bis hin zu Türkei-Heranführungsverträgen dahin hängen, wo sie nach dem Willen des Volkes hingehören: auf den Hänger der Toilettenpapierrolle.
=> Dies kann nicht im Namen des Volkes sein.
Dies nur als allererste Einschätzung zum absurden, rechtsbeugenden, rechtsignorierenden und fremdbestimmten Urteil des BVerfG. Willkommen im Bundestotalitarismus von Brüssels Gnaden.
PS: Der Euro wird nun ganz kurzfristig stabil bleiben, denn Deutschland darf und wird noch 2-4 weitere Jahre den sozialistischen Transfer-Euro und die Bankengewinne aus der Substanz des deutschen Volkes und über riesige Steuererhöhungen finanzieren. Eine kurze Weile sogar noch die LV-Auszahlungen der glücklichen Sparbürger, die ihre reguläre Auszahlung noch vor 2014 bekommen. Spätestens in wenigen Jahren wird der Markt dann aber das dann endgültige Ende des unsäglichen Projekts Verarmung Deutschland EUR-Experiments einpreisen – ca. 2013/4 dann mit einem schnellen Downgrade von Deutschlands Rating auf B und dann zügig auch auf C wegen der untragbaren übernommenen Schuldengarantien für Alles und Jeden, der in EUropa Geldbedarf hat. Und falls die Schweizer Bürger ohne Revolte dem gestrigen Beschluss ihrer SNB folgen sollten, sich sklavisch an den EUR zu binden, wird auch der Franken den Weg alles irdischen sozialistischen Papiergelds hin zum inneren Wert Null gehen. Den deutschen EUliten wird dieser Pyrrhus-Sieg über den Volkswillen, den Rechtsstaat und die ökonomische Ratio gelingen. Die Schweiz dagegen wird sich vermutlich rechtzeitig ihrer 600-jährigen unabhängigen Tradition erinnern und ihre eigenen EUliten in SNB und Bundesrat zum Teufel jagen. Bis jedoch die Schweizer diese Revolte erfolgreich vollzogen haben werden, gilt statt „Got Franken?“ erst einmal weiterhin: „Got Singapore Dollars? Got Gold? Got Silver?“